Ein Wanderer steht an einem Wegweiserschild für Wanderwege und schaut die vor sich liegende Wanderstrecke an. Das Wetter ist wunderbar sonnig, mit blauem Himmel.

Der Wanderveteran.

Peter Schaffner wandert leidenschaftlich gerne. In seinen Dreissigern wanderte er mal so weit, dass er am Ende nicht mehr aufstehen konnte.

Peter Schaffner wandert leidenschaftlich gerne. In seinen Dreissigern wanderte er mal so weit, dass er am Ende nicht mehr aufstehen konnte. Heute sorgt er dafür, dass die Wege in Kloten stets gut signalisiert sind.

„Wir sind eine Wanderfamilie seit eh und je.“ Peter Schaffner sitzt am Esstisch seiner Wohnung in Kloten. Vor ihm ausgebreitet sind ein gelber Wegweiser, Zeitungsausschnitte, selbst geschriebene Artikel, das Programmheft der Zürcher Wanderwege. „Ich bin damit aufgewachsen, genauso wie meine drei Söhne und meine Tochter.“ Die Kinder sind mittlerweile ausgezogen. Die sauber aufgeräumten Spielsachen im Wohnzimmer lassen aber den Schluss zu, dass sich Peter Schaffner keine Sorgen um den Wandernachwuchs machen muss. Und wer könnte die Leidenschaft am Wandern besser vermitteln als er?

80 Stunden Arbeit.

Peter Schaffner ist Ortsmitarbeiter der Zürcher Wanderwege und damit so etwas wie der oberste Wanderer der Gemeinde Kloten. Er ist dafür verantwortlich, dass die Signalisation der Wanderwege in Kloten stets gut sichtbar und für alle verständlich ist. „Das Ziel ist es, dass man die Wanderwege ohne Karte laufen kann.“ Das heisst: Wegweiser putzen, montieren, richten, Aufkleber entfernen, Vegetation zurückschneiden und falls nötig neue Wegweiser setzen. Für die 38 Kilometer Wanderwege in Kloten wendet er im Jahr durchschnittlich 80 Stunden auf.

Während er die Kontrollgänge zu Fuss zurücklegt, steigt Peter Schaffner für die Instandhaltung auch ab und zu ins Auto. «Ich wurde deswegen einmal von einer Passantin angesprochen. Als ich sie dann bat, kurz in meinen Kofferraum zu schauen, ist ihr die Kinnlade nach unten gefallen.» Rebschere, Axt, Pickel, Säge, ein batteriebetriebenes Buschschneidwerk, Putzzeug, ein Set an Schrauben und Schraubenschlüsseln sowie eine Leiter hatte Peter Schaffner geladen. «Ein halbes Auto voll.» Auch dies hat er sich zu Herzen genommen: mit Wanderinnen und Wanderern in Kontakt zu treten. «Man muss ein bisschen Werbung machen und den Menschen zeigen, welche Arbeit wir hier verrichten.» Denn Wandern sei nicht gratis. Oder wie er es sagt: «Wandern ist ein teures Freizeitvergnügen zum Nulltarif.» Die Ortsmitarbeiter der Zürcher Wanderwege arbeiten unentgeltlich. Doch jedes Jahr fallen Materialkosten für die Signalisation an: Im Kanton Zürich knapp 300 000 Franken, schätzt Peter Schaffner. Beträge, die die kantonale Wanderweg-Fachorganisation übernimmt.

In seiner Rolle als Ortsmitarbeiter ist er in den Monaten April, Mai, Oktober und November im Einsatz. Er läuft dann alle Wege ab und legt dort Hand an, wo es nötig ist. Und was macht er in der Zeit dazwischen? «Wandern!» Natürlich. Früher oft im Ausland, heute vor allem nach Lust und Laune in der Region.

Sorgsam geplante Mehrtätige.

Einmal im Jahr unternimmt Peter Schaffner mehrtägige Wanderungen. Dabei informiert er sich vorgängig intensiv über die Geschichte und Eigenheiten der Region. Er besorgt sich Literatur, sammelt Zeitungsauschnitte und stellt ein Projektdossier zusammen.

2021 verschlug es ihn mit einem Freund zum Schweizer Belchen (BL und SO), von dort zu Fuss zum Schwarzwälder Belchen (DE) und 2022 weiter zum Grossen Belchen (FR) im Elsass. «Es ist unglaublich, was man alles erlebt, wenn man zu Fuss unterwegs ist. Dafür muss man nicht fünf Stunden im Flieger sitzen.» In diesem Jahr will er die letzte Etappe der selbst konzipierten «Belchen-Wandersafari» angehen. Diese führt vom Grossen Belchen zurück zum Schweizer Belchen: 140 Kilometer in acht Tagen. Zahlen, die den 71-Jährigen nicht aus der Ruhe bringen: «Früher haben wir noch viel verrücktere Dinge gemacht.» So wie etwa 1985: An einem feuchtfröhlichen Abend im Sihltal beschliesst er mit Freunden, den 100-Kilometer-Lauf in Biel zu laufen. Um 2.30 Uhr besiegelt die Gruppe ihr Versprechen mit einem Vertrag.

Der Startschuss für den Lauf erfolgt an einem Freitagabend um 22.00 Uhr. Gelaufen wird über Nacht. «Nach 60 Kilometern Laufen am Stück wurde es richtig hart. Wenn dir in dem Augenblick jemand sagt ‹wein!›, dann weinst du.» Nach 95 Kilometern setzt sich Peter Schaffner auf eine Milchkanne, um auf seine Freunde zu warten. Ein Fehler. Denn als er wieder aufstehen will, verlassen ihn alle Kräfte. Nur dank der Hilfe von zwei Frauen, die die Szene beobachtet haben, kann er wieder aufstehen und die letzten fünf Kilometer in Angriff nehmen.

Zu Hause ist seine Frau geschockt über den körperlichen Zustand ihres Mannes. «Sie drohte, unser Zuhause für eine Woche zu verlassen, sollte ich so was noch einmal tun», sagt Peter und lacht. Er tut es wieder. Zweimal. Seine Frau verliess das Haus zum Glück aber nicht.

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Nachfolgeregelung.

Wenn er seinen Enkelkindern von den 100-Kilometer-Läufen erzählt und seine Teilnahmemedaillen zeigt, hofft er insgeheim, dass sie eines Tages in seine Fussstapfen treten werden. Die Zürcher Wanderwege brauchen Nachwuchs. «Wenn ich bei Vereinsversammlungen in die Runde blicke, sind alle pensioniert. Da kommt ein Problem auf uns zu. Heute ist es viel schwieriger, Junge anzusprechen.» Und er wird die Arbeit nicht ewig machen können. Doch das dauert sicher noch eine Weile. Peter Schaffner spinnt bereits Ideen für die nächste mehrtägige Wanderung nach der «Belchen-Safari». «Auf den Spuren des Lachses» werde das Thema lauten. «Wir möchten dabei von Waldshut entlang dem Flüsschen Wutach auf den Feldberg laufen. Aber das ist bisher nur eine Idee. Mehr sage ich Ihnen nicht. Das ist geheim!» Peter Schaffner grinst über beide Ohren.

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